Die Ausgrabungen in der Schloss- und Stephansklostergasse in Römhild, Lkr. Hildburghausen
Umfangreiche Straßen- und Kanalbaumaßnahmen sowie eine Platzgestaltung in der Schlossgasse und der Stephansklostergasse in der Altstadt von Römhild im unmittelbaren Vorfeld von Schloss Glücksburg erforderten 2020 mehrwöchige baubegleitende archäologische Untersuchungen durch das Thüringische Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie (TLDA). Die seit der Renaissance mehrfach um- und ausgebaute Glücksburg war im 17. und 18. Jh. Residenzschloss des Herzogtums Henneberg-Römhild.
Im Zuge der Untersuchungen konnten das Fundament der obertägig erhaltenen, spätmittelalterlichen Stadtmauer sowie ein Steingebäude von 19 m Länge und 11 m Breite freigelegt werden. Das Gebäude war bis in jüngste Zeit als Fleischbank und städtischer Lagerraum genutzt worden und 1985 ausgebrannt. Das zweischalige Bruchsteinmauerwerk wies eine Stärke von 0,80 m auf, das Fundament verbreiterte sich auf 1,20 m. Im Mauerwerk der rückwärtigen Wand befand sich ein Entlastungsbogen. Der Befund weist auf mehr als zwei Geschosse. Darauf deuten auch vier Pfeilerfundamente unterschiedlicher Ausführung, die darüber hinaus eine Mehrphasigkeit des Baukörpers anzeigen. Als Schwellen bzw. Türangelsteine wurden verschiedene Sandsteinspolien verwendet. Die rückwärtige Wand sowie Teile der beiden Seitenwände blieben nach dem Brand erhalten, darunter ein offenbar bauzeitliches Fenster mit Sturz und Brüstung. Das jüngste Brandereignis war nicht das erste in diesem Quartier der Römhilder Altstadt. Im Inneren des Steingebäudes fanden sich eine möglicherweise bauzeitliche Kalkmörtelgrube sowie ein Paket aus Asche und Brandschutt, aus dem spätmittelalterliche Keramik, Glasgefäße, Ofenkacheln, Eisenobjekte und verschiedene Kleinfunde geborgen werden konnten. Dazu zählen eine bronzene Gürtelschnalle mit profilierter Dornrast und eine Kruselerpuppe mit einer rundlichen Aussparung im Brustbereich. Die Tonfiguren werden als Mariendarstellungen, Pilgerandenken oder Behälter von Reliquien angesehen, die in der rundlichen Vertiefung deponiert wurden. Ein in der Reichsmünzstätte Schwäbisch Hall geprägter Händleinheller datiert das verheerende Brandereignis in das 14. Jh.
Die ursprüngliche Funktion des repräsentativen Steingebäudes ist unbekannt. Kubatur und Mehrgeschossigkeit sowie das Fundgut deuten an, dass die spätmittelalterlichen Bewohner sozial herausgehoben waren. Diese könnten in der herrschaftlichen Verwaltung tätig gewesen sein. Möglicherweise war das Gebäude auch Teil eines zum Schloss gehörenden Wirtschaftshofes.
Dr. Mathias Seidel
Gebietsreferat Südthüringen, TLDA, Römhild
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